Ebenso wie immer fortschrittlichere Bautechniken in den letzten Jahren eine schnellere Errichtung von Immobilien ermöglichten, sind auch zahlreiche innovative Finanzinstrumente entstanden, die Anlegern neue Wege in den Immobilienmarkt eröffnen. Kotiert oder nicht kotiert? Eigenkapital oder Fremdkapital? Anlagefonds oder Investment Trusts? Diese wachsende Zahl von Anlageinstrumenten bietet Anlegern zwar mehr Möglichkeiten zur Diversifikation ihrer Portfolios, doch kann die Entscheidung, welche Anlageform für die eigenen Bedürfnisse am besten geeignet ist, schwierig sein.
Direkte und indirekte Immobilienanlagen – die wichtigsten Unterschiede
Im Grossen und Ganzen kann man Anlageinstrumente im Immobilienbereich in zwei Hauptkategorien unterteilen: direkte und indirekte Anlageinstrumente. Wie der Name schon sagt, erwerben Anleger bei der direkten Immobilienanlage direkt physische Immobilien – wie Bürogebäude, Wohnhäuser, Logistikzentren oder Hotels – mit dem Ziel, Einkommen und Kapitalzuwachs zu erzielen. Bei indirekten Anlagen hingegen wird über Instrumente wie Real Estate Investment Trusts (REITs) oder Exchange-Traded Funds (ETFs) investiert, statt Gebäude zu besitzen.
Laut Markus Waeber, Head Indirect Real Estate Advisory & Intelligence bei Julius Bär, sind indirekte Anlagen für viele Anleger attraktiv, weil im Vergleich zu direkten Anlagen die Eintrittsbarrieren niedriger sind. «Wenn man nicht gerade eine sehr vermögende Privatperson oder ein institutioneller Anleger mit einem sehr grossen investierbaren Vermögen ist, ist es schwierig, ein globales Immobilienportfolio durch Direktanlagen aufzubauen», sagt er. «Nicht viele Einzelanleger verfügen über das Kapital, um etwa Immobilien im gewerblichen Bereich zu erwerben, wo Bürogebäude in strategischen Lagen neunstellige Summen kosten können.»
Die Ausstiegsbarrieren sind bei indirekten Immobilienanlagen auch insofern niedriger, als man seine Position im Allgemeinen viel schneller auflösen kann. «Wenn man ein Haus oder eine Gewerbeimmobilie kauft, bindet man sein Geld in der Regel für viele Jahre», so Markus Waeber. «Mit Immobilienfonds und Aktien können Sie leichter auf das aufgebaute Vermögen zugreifen und die Mittel in andere Anlagegelegenheiten umschichten, wenn sie sich bieten.»
Verschiedene Instrumente bieten unterschiedliche Renditen
Abgesehen von der Zugänglichkeit und Liquidität unterscheiden sich direkte und indirekte Immobilienanlagen auch in Bezug auf ihre Risiko-Rendite-Parameter. Zwar hat jedes Anlageinstrument seine eigenen, spezifischen Risikoattribute, doch gilt im Allgemeinen, dass indirekte Anlagen mehr Diversifikationspotenzial bieten, insbesondere in den Händen von Vermögensverwaltungsexperten, während direkte Anlagen zwar höhere Renditen ermöglichen, aber in der Regel ein aktiveres Engagement und eine fundierte Marktkenntnis verlangen.
«Wichtig ist, dass Sie Ihre eigene Risikobereitschaft sorgfältig einschätzen, bevor Sie eine Allokation vornehmen», erklärt Markus Waeber. «Wenn Sie beispielsweise in einen Schweizer Wohnimmobilienfonds investieren, liegt die jährliche Cashflow-Rendite bei 2 bis 3 Prozent. Im Immobilienmarktkontext wäre das eine defensive Option», sagt Markus Waeber.
Direkte Immobilienanlagen bieten das Potenzial für höhere Renditen, sowohl durch Mieteinnahmen als auch durch Kapitalzuwachs. Die Vermietung der erworbenen Immobilien sorgt für einen stetigen Cashflow, während der Wert der Objekte mit der Zeit steigen kann. Statistiken von Invesco zeigen, dass im Zeitraum von 2001 bis 2020 die Erträge aus Immobilien weltweit einen grösseren Anteil an der Gesamtrendite hatten als die Erträge aus globalen Aktien (siehe Tabelle unten). Dies deutet darauf hin, dass ein weltweit diversifiziertes Immobilienportfolio das Risiko mindern kann.
Anleger, denen eine aggressivere Haltung zusagt, könnten sich an der Errichtung neuer Immobilien, an umfangreichen Renovierungen oder Sanierungen beteiligen. Dies kann beeindruckende Renditen generieren, so Markus Waeber: «Wenn Sie über ausreichend Kapital und einen längeren Anlagehorizont verfügen, können Sie sich am Bau von Wohnungen beteiligen, diese auf dem Markt verkaufen und eine Rendite von 20 Prozent oder mehr erzielen.»
Doch ist diese Form der Immobilienanlage seiner Ansicht nach mit Vorsicht zu geniessen. «Die potenziell lukrativen Renditen einer Strategie wie Build-to-Sell mögen für viele Anleger verlockend klingen, doch verlangt dies ein aktives Engagement und eine solide Kenntnis des lokalen Marktes», sagt Markus Waeber.
Vorteile einer Suche in der Nähe des Wohnortes
Die Notwendigkeit, den lokalen Markt zu kennen, führt traditionell dazu, dass sich Immobilienanleger auf das Inland konzentrieren. «Immobilien sind im Grunde eine lokale Anlageklasse, die von lokalen demografischen und wirtschaftlichen Trends bestimmt wird», sagt Markus Waeber. «Daher kann es hinsichtlich der Performance oft effektiver sein, in seinen lokalen Markt zu investieren oder sich von Spezialisten für bestimmte Länder beraten zu lassen, als ‹blind› in einen globalen Fonds zu investieren, der viele verschiedene Märkte abdeckt», fügt er hinzu.
Der Mangel an Investitionsmöglichkeiten auf vielen nationalen Märkten hat die Anleger jedoch dazu bewegt, ein internationales Portfolio aufzubauen. Grosse institutionelle Anleger und Staatsfonds haben zu dieser Verschiebung beigetragen, da sie von den im Allgemeinen stabilen Erträgen, den Diversifikationsmöglichkeiten und den verschiedenen Möglichkeiten zur Risikominderung und Renditesteigerung angezogen werden.
Markus Waeber rät global tätigen Anlegern, verschiedene Faktoren sorgfältig zu prüfen, bevor sie eine Allokation vornehmen. «Neben Aspekten wie Währungsschwankungen oder ausländischen Steuergesetzen muss man wissen, welche Instrumente in welchen Ländern verfügbar sind.» Als Beispiel führt er Julius Bärs Heimmarkt Schweiz an: «REITs sind in den meisten Teilen Europas, Asiens und in den USA gängig, aber in der Schweiz gibt es sie nicht. Dafür haben wir hier kotierte Fonds, die es in anderen Ländern nicht gibt, wo man in offene Fonds investieren kann, die nicht kotiert sind.»
Seien Sie realistisch bei der Einschätzung Ihrer eigenen Fähigkeiten
Die geringe Korrelation zu anderen Ländern und Anlageklassen macht die Attraktivität von Immobilien als Anlageklasse aus und kommt dem Wunsch der Anleger nach Diversifikation entgegen. Doch während grenzüberschreitende Investitionen aufgrund der zunehmenden Anzahl von Optionen auf vielen internationalen Märkten zugänglicher als je zuvor sind, bedeutet die schwindelerregende Anzahl von Variablen, dass Anleger bei Immobilien ebenso wie bei anderen Anlageklassen einen Kern-Satelliten-Ansatz verfolgen sollten, rät Markus Waeber. «Bei Immobilien kann es beispielsweise sinnvoll sein, eine Kernstrategie um ein vollständig vermietetes Objekt mit geringer Fremdfinanzierung an einem erstklassigen Standort herum aufzubauen und diese durch Satelliten wie ein Engagement in der Immobilienentwicklung oder wertsteigernde Investitionen mit einer höheren Belehnungsquote zu ergänzen.»
Ganz gleich, auf welche Weise die Anleger investieren, das langfristige Anlageszenario für Immobilien als Anlageklasse ist überzeugend. Laut Zahlen des Marktforschungsunternehmens Prequin für alternative Anlagen beabsichtigen 90 Prozent der Anleger, ihr Engagement in Immobilien langfristig beizubehalten oder zu erhöhen. Da sowohl der direkte als auch der indirekte Ansatz für Immobilieninvestitionen spezifische Vorteile bietet, hängt die Entscheidung von Faktoren wie den individuellen Vorlieben, dem verfügbaren Kapital, der Risikobereitschaft und dem Wunsch des Anlegers ab, selbst aktiv zu werden.
Für einen Anleger ist es ausserdem wichtig, seine eigenen Fähigkeiten zur Bewertung seiner Allokationen einzuschätzen – vor allem angesichts des sich verändernden Zinsumfelds, das die Auswahl der richtigen Instrumente und Strategien umso wichtiger macht. «Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sich die Anleger von Fachleuten beraten lassen, die über die nötige Erfahrung, das Netzwerk und das Wissen verfügen. Immobilien können langfristig attraktive Renditen bieten, aber dafür sind auch Erfahrung und langfristige Voraussicht nötig», sagt Markus Waeber. «Wie bei anderen Anlageklassen ist Zeit im Markt und nicht Markttiming der beste Weg, um Ihre Rendite aus Immobilien zu maximieren.»